Warum die Chance Deines Lebens immer jetzt ist- oder, was der Tod uns zu sagen hat...
"Das muss ein Irrtum sein!",
war mein erster Gedanke als ich die Nachricht in den sozialen Netzwerken fand. Eine entfernte Bekannte die einmal eine Kollegin war, ist gestorben- offenbar ganz plötzlich an Weihnachten. Sie war erst Anfang 30.
Natürlich weiß ich, dass Menschen sterben, jeden Tag. Ich habe schließlich mein erstes Berufsleben in Krankenhäusern verbracht. Und trotzdem veränderte die Nachricht von S.´ Tod meinen eigentlich so besinnlichen Weihnachtsfeiertag. Gerade hatte ich mir noch Gedanken über all die Aufgaben gemacht, die mich in der neuen Woche erwarten würden, redete mit meinem Mann über die weißen Weihnachten unserer Kindheit und über die Qualitätsunterschiede von Weihnachtsstollen. Draussen klopft der Regen ans Fenster. Es riecht nach Kaffee und Räucherkerzchen. Alles friedlich und ruhig- und dann das! Ein Perspektivwechsel wie eine kalte Dusche.
Was würden Sie tun, wenn Sie wüssten dass Sie nur noch ein Jahr zu leben hätten? Haben Sie sich diese Frage schon einmal gestellt? Ich verwende Sie sehr häufig in meiner Arbeit mit Klienten- und plötzlich wurde Sie mir selbst einmal mehr in Ihrer ganzen Tragweite und Tiefe bewusst.
Auf was warten wir eigentlich unser ganzes Leben lang? Warum haben wir so viel Angst vor Veränderung
und davor neue Schritte zu wagen? Was hält uns so fest in unserer Komfortzone, in der es zwar oft eng und muffig, aber eben auch vertraut und sicher ist? Wieso tun wir so, als wäre das Leben endlos und warten ständig darauf, dass sich irgendetwas irgendwann einmal von allein ändern wird?
Warum gehen wir nicht einfach los und versuchen selbst etwas Neues? Warum verschieben wir unser Leben so gern auf später?
Warum sagen wir unserem Partner nicht öfter, was er uns eigentlich bedeutet? Warum halten wir uns mit so vielen Kleinigkeiten und Nebensächlichkeiten auf, anstatt auf das Wesentliche im Leben zu achten- uns selbst, die Liebe und die Menschen, die uns etwas bedeuten?
Warum bleiben wir so lange in unglücklichen Beziehungen stecken, anstatt uns in Frieden loszulassen und nach der wahren Liebe zu suchen?
Weil wir den Tod ignorieren. Weil Ihr Angst vor Ihm haben und die Tatsache verdrängen, dass unser Leben eines Tages vorbei sein wird. Weil wir nicht immer ehrlich zu uns selbst sind.
Fragt man alte Menschen oder Sterbende, was Sie in Ihrem Leben bedauern oder was Sie gerne noch einmal anders machen würden, wenn das möglich wäre- was glauben Sie, was sie antworten? Es ist nicht etwa das, was Sie getan haben- es ist das, was Sie nicht getan haben. Es sind all die ungenutzen Möglichkeiten die niemals wieder kommen, es ist das Bedauern darüber nicht das Leben gelebt zu haben, dass sie sich eigentlich gewünscht haben. Es sind die nicht gezeigten Gefühle geliebten Menschen gegenüber und die Zeit, die sie nicht mit ihnen verbracht haben.
Ich weiß nicht, warum meine frühere Kollegin gestorben ist. Und ich werde es vielleicht nie erfahren. Aber Ihr Tod will mir etwas sagen. Er richtet meinen Fokus wieder auf das Wesentliche. Er sagt mir, dass es sich lohnt weiterzugehen und etwas zu wagen. Er macht mich wach. Er lässt mich spüren, dass es noch vieles zu entdecken gibt in diesem Leben- und zwar an jedem einzelnen Tag.
In Gedenken an S.
Herzlichst, Ihre Claudia Bechert- Möckel
2015-12-26