Populäre Irrtümer unserer Wahrnehmung und wie wir sie beeinflussen können (Teil 2)

„ Ich muss mir erst einmal ein Bild davon machen“.

So oder so ähnlich drücken wir es aus, wenn wir uns in einer Situation zurecht finden wollen, uns einen Überblick verschaffen oder einen Zusammenhang verstehen wollen. Doch in diesem Satz steckt weit mehr als das. Er beschreibt ein interessantes Phänomen unserer Wahrnehmung: die Tatsache dass wir nicht in der tatsächlichen Realität leben, sondern in  unserem eigenen (Ab)Bild davon. Und das kann zu einigen Schwierigkeiten führen. Jeder von uns hat eine Art individuelle Wirklichkeit, eine innere Landkarte von dem, was das Leben im Außen tatsächlich ausmacht. Sie und ich, wir können in ein und derselben Situation etwas vollkommen anderes erleben, fühlen oder denken.

Bis dahin ist es noch nicht besonders schwierig, oder?

Das Problem beginnt meißt an der Stelle, an der wir anfangen unsere persönliche Wirklichkeit für die einzige mögliche Realität zu halten und uns entsprechend zu verhalten. Das, was Sie erleben ist die Wahrheit- Sie haben recht! Und es gibt keinen Grund, warum Ihr Partner, Ihre Kollegen oder Ihre Freunde das nicht endlich einsehen sollten, oder? Der Haken ist nur, das Ihr Partner, Ihre Kollegen oder Ihre Freunde genauso denken. Und sie haben genauso recht. Was andere über eine bestimmte Sache denken, ist ihre Wahrheit, auch wenn sie sich von der die Sie erleben stark unterscheiden kann. Ihr Gegenüber hat sich einfach nur ein anderes Bild gemacht haben, eine eigene Landkarte und damit möglicherweise eine andere Meinung.

Wie geht das?

Des Rätsels Lösung liegt in der Funktionsweise unseres Gehirns, in der Art wie wir Daten verarbeiten. In jeder Sekunde sind wir tausenden von Reizen ausgesetzt, gigantische Datenmengen strömen auf uns ein. Würden all diese Reize sofort in unserem Bewusstsein auftreffen, wäre unser Verstand komplett überlastet. Er würde sich in kürzester Zeit festfahren wie ein Computer. Unser Gehirn behilft sich, indem es die auftreffenden Reize zunächst filtert, noch bevor sie uns bewusst werden. Der Filter unserer Wahrnehmungen besteht aus früheren Erfahrungen, Prägungen und inneren Haltungen- aus all dem, was wir bis heute über uns selbst, das Leben und die Anderen gelernt haben und was wir darüber denken.

Auf diese Weise wird uns nur ein Bruchteil der aufgenommenen Reize tatsächlich bewusst-  nur das, was durch unser individuelles Raster passt wird von uns wahrgenommen. Wir erleben, was wir denken, bzw. erwarten. Oder anders gesagt: wenn unsere Wahrnehmung ein Scheinwerfer wäre, leuchten wir damit nur einen bestimmten Teil der Realität an, der Rest bleibt uns verborgen. Und wir merken noch nicht einmal etwas davon.

Jeder von uns hat andere Erfahrungen, andere Prägungen, einen anderen Hintergrund. Wir haben also unterschiedliche Wahrnehmungsfilter. Wir haben unsere ganz persönliche Landkarte entwickelt. Das ist auch vollkommen in Ordnung, wenn wir eine einzige Sache beachten.